INFOS

Änderung im Führerscheinrecht

Die deutsche Fahrerlaubnisverordnung (Führerscheinrecht) ist mit Wirkung zum 28.12.2016 sehr kurzfristig an einige Bestimmungen der 3. Führerscheinrichtlinie der EU angepasst worden, deren Übernahme bislang nach Ansicht der EU-Kommission in Deutschland nicht korrekt und nur unvollständig erfolgt war. Aufgrund der Kürze der Zeit nach dem Bundesratsbeschluss vom 16. Dezember 2016 sind bislang viele amtliche Informationen der zuständigen Ministerien in Bund und Ländern noch nicht vollständig aktualisiert und einzelne Interpretationsfragen noch zu klären.

Link zur neuen Fahrerlaubnisverordnung:
(Achtung: Änderungen auf der Seite des BMJ übernommen aber noch nicht abschließend dokumentarisch bearbeitet)

Aktuelle amtliche Informationen in Baden-Württemberg

Folgende Regelungen haben besondere Relevanz für Fahrer im Handwerk: 

Befristung von C1 und C1E auf 5 Jahre:
Die Fahrerlaubnisklassen C1 und C1E (betreffen vor allem Fahrer von Nutzfahrzeugen zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse) werden nunmehr grundsätzlich auf 5 Jahre befristet und nur nach Vorlage der Bescheinigung einer Gesundheitsprüfung verlängert. Betroffen sind rückwirkend alle ab 19. Januar 2013 (dem Inkrafttreten der 3. Führerscheinrichtlinie) neu erteilten Fahrerlaubnisse der genannten Klassen.

Bislang galt in Deutschland die Regelung, dass eine regelmäßige Verlängerung von C1/C1E-Berechtigungen um 5 Jahre erst mit dem 50. Lebensjahr notwendig wurde. Das Handwerk hat sich in seiner Stellungnahme zum Änderungsentwurf dafür ausgesprochen, Wege für eine EU-rechtskonforme Fortdauer der aktuellen Regelung zu suchen, um unnötige Belastungen der Betriebe zu vermeiden. Dem sind Bundesregierung und Bundesrat nicht gefolgt und haben eine Anpassung an den Wortlaut der EU-Richtlinie vorgenommen.

Auswirkungen auf das Handwerk:

  • Alle Besitzer von Führerscheinen der Klassen C1 und C1E, die vor dem 19. Januar 2013 erworben wurden, sind von den Neuregelungen nicht betroffen. Weiterhin gilt für diese Personen, dass eine regelmäßige Gesundheitsprüfung und Führerscheinverlängerung erst mit Erreichen des 50. Lebensjahres notwendig wird (ab diesem Zeitpunkt dann alle 5 Jahre).
     
  • Nicht betroffen sind Inhaber älterer Führerscheine der Klasse 3, die heute auch den Geltungsbereich der Klassen C1 und C1E umfassen. Aufgrund ihres um-fassenden Bestandsschutzes greift auch weiterhin nicht die Verlängerungspflicht ab dem 50. Lebensjahr.
     
  • Für Inhaber der Führerscheine C und CE ändert sich ebenfalls nichts: Hier war ohnehin schon ein 5-jähriger Verlängerungsintervall ab dem Führerscheinerwerb vorgeschrieben.
     
  • Die Änderung betrifft Besitzer von Führerscheinen der Klassen C1 und C1E, die diese seit dem 19. Januar 2013 erworben haben bzw. zukünftig erwerben. Diese Personen müssen sich nunmehr alle fünf Jahre (nach dem Führerscheinerwerb und dann jeweils nach der letzten Verlängerung) rechtzeitig um die notwendige Gesundheitsprüfung und einen Termin zur Verlängerung bemühen. Für die ersten Betroffenen dieses Personenkreises muss die Verlängerungspflicht bis Januar 2018 erfüllt werden.

Fahrzeuge zur Personenbeförderung über 3,5 Tonnen
Zur Lenkung von Fahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen, die zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt sind, ist zukünftig die Klasse D1 notwendig, unabhängig von der Zahl der Fahrgastplätze.

Bislang war der D1-Führerschein nur für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen mit mehr als 8 Sitzplätzen (neben dem Fahrer) vorgeschrieben. Zum Führen von Fahrzeugen zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen, die für den Personentransport ausgelegt waren und nicht mehr als 8 Sitzplätze außer dem Fahrer hatten, war bisher ein C1-Führerschein ausreichend, bei solchen Fahrzeugen über 7,5 Tonnen der C-Führerschein.

Besitzer von C1/C1E oder C/CE Führerscheinen dürfen ab 2017 diese Fahrzeuge nicht mehr lenken. Es besteht jedoch Bestandsschutz für Personen, die diese Führerscheine bis zum Ablauf des 18.1.2013 erworben haben.

Diese Neuregelung kann – auch aufgrund der teils unglücklichen Formulierungen im Regelungstext - zu einigen Irritationen im Handwerk führen. Der konkrete Bereich der Betroffenheit im Handwerk dürfte jedoch nach bisherigen Erkenntnissen begrenzt sein.

Im Einzelnen:

  • Nicht betroffen sind Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, die nicht zur Personenbeförderung (und damit in der Regel zur Güterbeförderung) ausgelegt und gebaut sind. Diese können weiterhin mit einem C1/C1E/C/CE-Führerschein gelenkt werden. Dies betrifft die überwiegende Zahl der mittleren und schweren Nutzfahrzeuge im Handwerk: Ein Transporter wird auch dann nicht zum Fahrzeug, das zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut wurde, wenn er 3 oder 4 Sitze hat. Entscheidend ist die (überwiegende) Zweckbestimmung, wie er auch in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist. Leider liegen zu dieser für das Handwerk entscheidenden Rechtsfrage noch keine amtlichen Erläuterungen vor. Alle Erläuterungen des ZDH sind deshalb noch als vorläufig zu verstehen. Der ZDH wird sich bemühen, aufkommende Interpretationsfragen und Grenzfälle verbindlich zu klären und bekannt zu machen.
  • Nicht betroffen sind: Kleinbusse zur Personenbeförderung unter 3,5 Tonnen mit bis zu 8 Fahrgastsitzen. Diese können weiterhin mit Führerscheinen der Klassen B geführt werden. Achtung: Ob es im Handwerk Konstellationen gibt, wodurch ein Kleinbus unter 3,5 Tonnen durch die Mitführung eines Anhängers zu einem Gefährt wird, für das nunmehr ein D1-Führerschein zwingend erforderlich wird, ist noch nicht restlos geklärt. Für entsprechende Hinweise auf Problemfälle wären wir dankbar.
  • Betroffen sind Fahrzeuge über 3,5 Tonnen, die zur Personenbeförderung gebaut und ausgelegt sind (z.B. schwere Kleinbusse), die bis zu 8 Sitzplätze außer dem Fahrer haben. (Für Fahrzeuge mit mehr Sitzplätzen galt ohnehin bisher die Pflicht zu D1/D). Bislang sind bei Abfragen im Handwerk kaum Beispiele bekannt geworden, bei denen solche schweren Kleinbusse über 3,5 Tonnen zur Personenbeförderung in Betrieben eingesetzt werden.
  • Für alle Inhaber von Führerscheinen der C1/C1E-Klasse (und damit auch für Inhaber von Klasse 3) und der C/CE-Klasse, die vor dem 19. Januar 2013 ihren Führerschein erworben haben, gilt Bestandsschutz: Diese Fahrer dürfen demnach weiterhin in der Gewichtsklasse über 3,5 Tonnen Fahrzeuge lenken, die zur Personenbeförderung ausgelegt sind und bis zu 8 Fahrgastplätze besitzen.

Der ZDH hatte sich in seiner Stellungnahme für eine Regelung eingesetzt, wonach C1/C-Führerscheininhaber den genannten Fahrzeugtyp weiterhin lenken dürfen. Nach Ansicht des Verordnungsgebers war eine solche Regelung nach EU-Recht jedoch nicht möglich. Raum für eine Sonderregelung bestand nach dieser Auffassung nur für Sonderfahrzeuge (Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienste). Diese Regelung wurde im Verordnungstext durch Initiative des Bundesrates noch ergänzt. 

Achtung: Personen, die seit dem 19. Januar 2013 den C1/C-Führerschein erworben haben, sollten umgehend klären, ob sie im betrieblichen Alltag auch Kleinbusse über 3,5 Tonnen oder andere von der Neuregelung betroffene Fahrzeugkonstellationen lenken und der Erwerb eines D1-Führerscheins notwendig wird. Hier besteht kein Übergangszeit-raum! Ein Verstoß gegen die neuen Vorgaben gilt als Fahren ohne Fahrerlaubnis. Bei Zweifelsfällen ist auch die örtliche Führerscheinbehörde zu konsultieren.

Kritikwürdig ist aus Sicht des Handwerks neben der sehr kurzen Frist des Inkrafttretens und den unzureichenden amtlichen Informationen auch die Rückwirkung der Neuregelung auf Führerscheinneuerwerber ab Januar 2013, die beim Führerscheinerwerb davon ausgehen mussten, dass die zugrundeliegenden Regelungen auch EU-rechtskonform waren.

Für weitere Ergänzungen und Hinweise auf die Betroffenheit des Handwerks sind wir dankbar. Der ZDH wird seine Informationen bei Bedarf aktualisieren.