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Luftreinhaltepolitik – Förderprogramm zur SCR-Nachrüstung von Handwerkerund Lieferfahrzeugen

Durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wurden gemäß den Ankündigungen des "Dieselgipfels" der Bundesregierung vom Oktober 2018 zwei Richtlinien zur SCR-Katalysator-Nachrüstung von Handwerker- und Lieferfahrzeugen mit Dieselantrieb veröffentlicht.

Zu unterscheiden sind die Richtlinie für leichte Handwerker- und Lieferfahrzeuge (vorwiegend Klasse N1, teils auch N2 mit 2,8 bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht [zgG] der Euro-Normen 3 bis 6) und die Richtlinie für schwere Handwerker- und Lieferfahrzeugen (Klasse N2, teils auch N1 mit 3,5 bis 7,5 Tonnen zgG der Euro-Normen I bis V und EEV) (Hinweis: Die Grenze von 3,5 Tonnen zgG ist nur eine Orientierung. Entscheidend ist, ob die Fahrzeuge abgasrechtlich nach der Norm für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ("arabische Ziffern") oder der Lkw-Abgas-Norm ("römische Ziffern") zugelassen sind.)
Die Richtlinien enthalten sowohl die technischen Bedingungen für die Nachrüstsätze (die in erster Linie für die mit Herstellung und Einbau befassten Unternehmen von Interesse sind), als auch die konkreten Förderbedingungen für Unternehmen, die Diesel-Nutzfahrzeuge einsetzen und diese nachrüsten wollen. Zur Finanzierung der Nachrüstung stellt die Bundesregierung zunächst 333 Millionen Euro zur Verfügung.


Zuständig für die Abwicklung ist die Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen (BAV), die auf ihrer Homepage bereits umfängliche Informationsmaterialien, Formulare für die Fördermittelbeantragung und FAQ-Listen bereitgestellt hat:

Förderberechtigte:
Betriebe, deren Firmensitz in einer der aktuell 65 Städte, die 2017 im Jahresmittel die Grenzwerte (40 μg/m³) für Stickstoffdioxid überschritten haben, liegt, bzw. Betriebe, die in einem der angrenzenden Landkreise ansässig sind, können die Förderung in Anspruch nehmen. (Die Städte sind im Anhang der Förderrichtlinien aufgelistet.) Ebenfalls förderberechtigt sind Unternehmen aus anderen Regionen mit einem Auftragsvolumen von mehr als 25 Prozent in einer von Grenzwertüberschreitung betroffenen Stadt.

Förderquote:
Die Förderquote ist abhängig von der Unternehmensgröße und beträgt höchstens 60 Prozent der Umrüstungskosten für kleine (40 Prozent für große und 50 Prozent für mittlere) Unternehmen. Für leichte Nutzfahrzeuge (2,8 – 3,5 t) sind dabei maximal Zuschüsse von höchstens 3.800 Euro pro Fahrzeug bei Anträgen bis zum 1. Mai 2019 und höchstens 3.000 Euro pro Fahrzeug bis zum 1. Juni 2019 möglich. Die maximale Fördersumme für die Umrüstung schwerer Nutzfahrzeuge wird auf 5.000 Euro pro Fahrzeug bis zum 1. Mai und 4.000 Euro pro Fahrzeug bis 1. Juni beschränkt.

Antragsstellung:
Die Förderrichtlinien gelten bis Ende 2020. Grundsätzlich ist bereits jetzt eine Antragsstellung für die Betriebe bei der BAV möglich. Dazu muss das auf der Seite der BAV verlinkte Antragsformular mit den Anlagen genutzt werden. Nach erfolgter Nachrüstung sind weitere Unterlagen nachzureichen. Die BAV hat angekündigt, dass das Antrags-prozedere in Kürze über ein Onlineportal ("easy-online") abgewickelt werden kann.

Es gilt hinsichtlich der Fördermittel das "Windhundprinzip". Die Anträge werden entsprechend Eingang bearbeitet. Es ist auch möglich, vorläufige Anträge mit Schätzkosten für die geplanten Nachrüstungen einzureichen, da bislang noch keine konkret zuge-lassenen Angebote vorliegen. Die Fördersumme soll nach Angaben des BMVI für bis zu 100.000 Nachrüstungen reichen.

Bewertung des ZDH:

  • Der ZDH begrüßt ausdrücklich, dass zum Jahresbeginn 2019 vom BMVI die Vor-gaben für Filternachrüstungen für Pkw und Nutzfahrzeuge veröffentlicht wurden. Dadurch besteht Klarheit für die Nachrüsthersteller, die jetzt die Antragsverfahren zur "allgemeine Betriebserlaubnisse" voranbringen können.
  • Aus Sicht des Handwerks besonders positiv hervorzuheben ist, dass ein Schwerpunkt auf die Förderung der Nachrüstung leichter und mittelschwerer Nutzfahrzeu-ge von 2,8 Tonnen bis 7,5 Tonnen – namentlich des Handwerks – gelegt wird.
  • Ein wichtiges Anliegen des ZDH ist es, dass die Förderrichtlinien weiterentwickelt werden, um auch die zahlreichen gewerblichen Fahrzeuge unterhalb von 2,8 Tonnen und die schweren Handwerks-Lkw über 7,5 Tonnen einbeziehen zu können und Optionen für Betriebe außerhalb der betroffenen Regionen zu eröffnen.
  • Weiterhin fordert das Handwerk die Hersteller zur Verantwortungsübernahme für die nicht von öffentlicher Förderung abgedeckte Restsumme auf.
  • Der ZDH prüft zurzeit zusammen mit den von Fahrverboten akut bedrohten Handwerkskammern und dem KFZ-Gewerbe intensiv die Richtlinien und insbesondere die Förderbedingungen. Nach bisheriger Einschätzung gibt es noch sehr viele of-fene Fragen, die die konkrete Antragsstellung für Betriebe im Augenblick noch sehr erschweren.
  • Die Förderformulare sind in ihrer Grundstruktur erkennbar noch weitgehend auf die bisherigen Unterstützungsprogramme für Nachrüstmaßnahmen in kommunalen Fuhrparks ausgerichtet (z.B. Verweis auf Ausschreibungen, TVÖD-Beschäftigte, Jahresfinanzierungspläne etc.). Unklarheiten bestehen u.a. noch beim Nachweis des Anteils „nennenswerter Aufträge“ in einer Stadt mit Grenzwertüberschreitung sowie bei der Abgrenzung der förderfähigen Kosten. (Nur Einbau oder auch Kosten für sonstige Formalitäten?)
  • Aus Sicht des ZDH sollte auch jede Vorgabe zum späteren Nachweis des Einsatzes der nachgerüsteten Fahrzeuge über ein Fahrtenbuch unterbleiben, da dies eine erhebliche bürokratische Belastung wäre.
  • Der ZDH wird sich hier für Klarstellungen und Vereinfachungen einsetzen und anschließend Ausfüllhilfen für die Betriebe zur Verfügung stellen.
  • Da es noch keine zugelassenen Nachrüstsätze gibt, wären interessierte Betriebe aktuell bei der – sehr aufwändigen – Antragsstellung noch auf sehr unsichere Schätzungen angewiesen.
  • Gänzlich unklar ist zudem weiterhin, für welche Fahrzeugtypen zukünftig Nachrüstsätze bereitgestellt werden. Zwar ist im ersten Halbjahr 2019 mit Angeboten für Modelle zu rechnen, die häufig im Markt sind. Ob Nachrüstsätze auch für seltenere Modelle geschaffen werden, kann zurzeit noch niemand sagen. Der ZDH befindet sich hierzu im Dialog mit Filterherstellern.
  • Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung 2018 angekündigt hatte, dass nach Abschluss eines Notifizierungsverfahren bei der EU die maximale Förderquote auf 80% erhöht werden soll. Bislang hat der ZDH keine belastbare Antwort darauf erhalten, wie eine mögliche spätere Anhebung auf bereits laufende Antragsverfahren mit niedriger Förderquote wirkt.

Gerne können Sie uns weitere Hinweise auf Problematiken im Antragsverfahren, Ihre Einschätzungen bzw. Verbesserungsvorschläge übermitteln (benke@zdh.de). Wir wer-den dies gegenüber dem BAV und dem BMVI kommunizieren. Sobald die genannten Fragen geklärt sind, wird der ZDH diese vorläufige Einschätzung ergänzen und sich wieder an die Handwerksorganisation wenden, um dann eine koordinierte Bewerbung der Förderprogramme bei den Betrieben zu unterstützen.