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Auswirkungen des Corona-Virus auf Bauverträge

Der erstmalig im Dezember 2019 in der chinesischen Metropole Wuhan aufgetretene Corona-Virus SARS-CoV-2 erobert Deutschland. Es löst eine Atemwegserkrankung aus, welche als „COVID-19“ bezeichnet wird. Der Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion über die Schleimhäute. Am 30. Januar 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Das Robert-Koch-Institut beziffert derzeit in Deutschland 2.369 Fälle von Erkrankungen (Stand 13.03.2020). Da es sich um einen dynamischen Prozess handelt, ist nicht absehbar, wie sich die Fallzahlen künftig entwickeln werden.

Nachfolgend soll einen Überblick über die Auswirkungen bei Behinderungen und Unterbrechungen von Bauausführungen, weil Mitarbeiter am Corona-Virus erkrankt sind oder behördlicherseits eine häusliche Quarantäne nach §§ 30, 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG) angeordnet wurde dargestellt werden.

Behinderungen oder Unterbrechungen der Bauausführung können sich in mehrfacher Hinsicht auswirken. Sie können zu Mehraufwendungen des Auftragnehmers führen, wenn sie ihre Ursachen im Risikobereich des Auftraggebers haben. Insoweit kommen Ansprüche aus § 2 Nr. 5 bzw. § 2 Nr. 6 VOB/B sowie § 642 BGB in Betracht, wenn die übrigen Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlagen gegeben sind. Soweit die hindernden Umstände Schäden zur Folge haben, ist § 6 Nr. 6 VOB/B die Anspruchsgrundlage sowohl für den Auftragnehmer als auch für den Auftraggeber.

§ 6 Nr. 6 VOB/B bildet als Auffangtatbestand neben § 642 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage für alle Fälle der durch „hindernde Umstände“ herbeigeführten Leistungsverzögerungen, die der Auftraggeber oder Auftragnehmer zu vertreten hat.

Die Begriffe Behinderung und Unterbrechung ( > 3 Monate) lassen sich wie folgt voneinander abgrenzen:

I. Bestehende Bauverträge
1. Erkrankung eines Mitarbeiters
Erkrankt ein Mitarbeiter am Covid-19, gehört der Ausfall der Arbeitskraft zum Risikobereich des Auftragnehmers. Die Erkrankung an Covid-19 ist wie eine übliche Grippeerkrankung anzusehen. Es liegt kein „hindernder Umstand“ i. S. d. § 6 Abs. 6 VOB/B vor, der einen Anspruch auf Bauzeitenverlängerung begründet. Der Auftragnehmer muss vielmehr prüfen, ob er ggf. Mehrarbeit anordnet, um die Fehlzeiten des erkrankten Mitarbeiters zu kompensieren.

2. Quarantäne mehrerer Mitarbeiter
Werden mehrere Mitarbeiter aufgrund behördlicher Anordnung unter Quarantäne gestellt, liegt auch dieser Umstand grundsätzlich noch im Risikobereich des Auftragnehmers. Da es aber keine gesicherte Rechtsprechung zu dieser Rechtsauffassung gibt, sollte der Auftragnehmer vorsorglich die Behinderung dem Auftraggeber gegenüber schriftlich anzeigen, da dieser Fall ggf. als höhere Gewalt bzw. unabwendbarer Umstand eingestuft werden kann.

3. Quarantäne der gesamten Belegschaft
Wird die gesamte Belegschaft behördlicherseits unter Quarantäne gestellt, ist dies als Fall höherer Gewalt oder als unabwendbarer Umstand zu bewerten. Aber auch hier gilt Vorsicht, weil keine gesicherte Rechtsprechung existiert. Der Auftragnehmer sollte deshalb auch hier unverzüglich dem Auftraggeber die Behinderung schriftlich anzeigen und auf die dadurch bedingte Verlängerung der Ausführungsfristen hinweisen.

4. Baustelle im Quarantäne-Gebiet
Liegt nicht der Betrieb, aber die Baustelle in einem Quarantäne-Gebiet, so ist der gesperrte Zugang dorthin dem Risiko des Auftraggebers zuzurechnen. Der Auftragnehmer sollte hier die Behinderung unverzüglich schriftlich anzeigen und sich die Geltendmachung von Mehrkosten bzw. Entschädigungsansprüchen vorbehalten.

5. Absage von Terminen durch den Auftraggeber
Sagt der Auftraggeber bzw. dessen Vertreter (Architekt, Ingenieurbüro) fixe Termine wie Baubesprechungen aufgrund eines potentiell vorhandenen Ansteckungsrisikos ab, muss sich der Auftraggeber die dadurch entstandenen Verzögerungen zurechnen lassen. Auch hier sollte der Auftragnehmer eine Behinderung schriftlich anzeigen und sich vorsorglich die Geltendmachung von Mehrkosten bzw. Entschädigungsansprüchen vorbehalten.

II. Neu abzuschließende Bauverträge
Da die Existenz und die Ausbreitungsgefahr allgemein bekannt sind, ist beim Abschluss neuer Bauverträge mit Blick auf die Bauzeit anzuraten, einen möglichst großen Zeitpuffer einzuplanen, damit etwaige Ausfallzeiten der Arbeitskräfte abgefedert werden können. Alternativ kann im Bauvertrag auch eine Klausel über die Verlängerung der Ausführungsfristen bei Eintritt von Covid-19 Fällen mit aufgenommen werden.

Zu Beweiszwecken sollten die Behinderungsanzeigen, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der erkrankten Mitarbeiter sowie die behördlichen Anordnungen zu Quarantäne immer gesichert und archiviert werden. Ein entsprechendes Muster für eine Behinderungsanzeige sowie ein Muster-Bescheid über die Anordnung zur häuslichen Quarantäne, herausgegeben vom Robert-Koch-Institut, können Sie sich gerne bei uns anfordern.

Quelle: ZVEH